Anmerkungen zur Praxis der Spezialisierung im Rahmen der MRK RT aus Sicht der DDR- Belange
Kernpunkt, wenn nicht der wichtigste Grund der starken aktuellen Dynamik der Entwicklung der Weltwirtschaft und modernster Technologie ist, wie wir alle sehen, die enorme Vertiefung der Arbeitsteilung in einer globalen Welt , ohne solche Handelsrestriktionen wie politisches Embargo (obwohl auch heute Embargo- Restriktionen noch immer ein beliebtes Instrument der Durchsetzung bestimmter Ziele sind.. ), Beschränkungen der Valuta-Konvertibilität u.a. . Auch von Anbeginn der Arbeit der MRK war die Dynamik der Entwicklung der Wirtschaft der sozialistischen Länder darauf gerichtet, analoge Effekte zu erzielen, allerdings mußten diese eher ungewollt zwangsläufig innerhalb des isolierten Wirtschaftssystems bleiben. Auch die Lenkung der arbeitsteiligen Prozesse erfolgte nach typischen Aspekten der Planwirtschaft, so wie das ganze Wirtschaftssystem.
Wichtig im historischen Rueckblick ist aber die Erkenntnis, dass das Planungssystem auf die Optimierung jeweils der nationalen Wirtschaft jedes Teilnehmerlandes gerichtet war, während die Planung der vielfältigen Mechanismen einer mehrseitigen Spezialisierung quasi ein mehrdimensionales Prozessmodell erfordert hätte mit Möglichkeiten, auf wichtige Parameter der Wirtschaft der Länder Einfluß auszuüben. Ein derartiges Modell wäre aus vielen Gründen praxis- und lebensfremd geblieben, denn dafür wäre ein objektiv übernationales Gremium erforderlich gewesen . Daher waren alle Prozesse der Spezialisierung bilateral zwischen zwei Ländern angelegt, in Praxis sogar jeweils nur zwischen der UdSSR und jedem Teilnehmerland. In der Praxis der Arbeit der Wirtschaftsleitung und Planungsarbeit wurden mit den o.g. Einschränkungen verschiedene Formen der Arbeit mit Entwicklungsprognosen praktiziert, die das Ziel hatten, die erforderliche Vorausschau für die Vorbereitung neuer Investitionen in Forschung , Entwicklung und Fertigungskapazitäten , sowie ggfls. zu erwartender Reduzierung der Bedeutung bestimmter Produkte / Technologien planungsseitig zu erarbeiten(s.u.) . Aber auch diese waren nach dem Kenntnbisstand des Autors immer bilateral angelegt.
Das Ergebniss dieser Bemühungen ist eindeutig: Unter den politischen und wirtschaftlichen Restriktionen des kalten Krieges und der Konfrontation einerseits und der selbst auferlegten Abtrennung der sozialistischen Staaten von den Möglichkeiten und Effekten des globalen Welthandels durch nicht konvertierbare Währung , ideologische verordnete Abschottung gegenüber dem Westen aus Misstrauen des Staates zu den eigenen Bürgern, aber auch wegen des grundsätzlich anderen Wertesystems der Erwirtschaftung und Verwendung des Sozialproduktes der Länder und weiterer Gründe ( Nationalismus, Differenzen bei politischen Zielen der Machthaber in den Ländern ..) war auch eine Wirtschaftswelt entstanden, deren Effektivität zunehmend schlechter wurde....
In diesem weitgehend isolierten System war die Nutzung des Gesamt- Marktes der sozialistischen Länder aber doch eine Chance, um die es neben allen technischen und technologischen Themen der Entwicklungsprojekte bei den Spezialisierungsthemen ging. Dem jüngeren Leser kann die Sicht auf die Praktiken und Schwierigkeiten dieser Seite der Arbeit der MRK Antworten geben , die u.U. mehr zum Verständniss der betrachteten Zeit beitragen können, als EDVA- Architekturen und Technologie-Niveaus der µ-Prozessoren, denn letztlich waren Architekturen und µP- Entwürfe abgeleitete Erscheinungen im Wirtschaftsraum RGW.
Nachfolgend werden einige Aspekte zur Spezialisierung im Rahmen der MRK dargestellt, die sich besonders als Ergänzung zum Artikel zur Organisation der mehrseitigen Zusammenarbeit am Einheitssystem der sozialistischen Laender anbieten , aber auch viele andere Themen dieser Seiten zur ESER-Geschichte berühren.
Allgemeine Aussagen
Spezialisierungsaspekte an Beispielen
Die "Spezialisierungspolitik" der MRK bei Magnetplatten- Speichern ist eher ein negativ- Beispiel der Zusammenarbeit : In den frühen Jahren der MRK hatte die DDR ein umfangreiches Programm für 14 " Wechselplattenspeicher gestartet und erste Geräte entwickelt und produziert. In späteren Verhandlungen mit der UdSSR bestand diese auf der Spezialisierung dieser Entwicklungsrichtung in der UdSSR und der VRB , während man hoffte, die hochentwickelten Kapazitäten der DDR- Büromaschinenindustrie (z.B. Drucker ) für größere Lieferungen in die UdSSR zu nutzen.
Während das UdSSR Plattenspeicherprogramm keine Exporte ermöglichte ( die Kapazitäten waren ausschließlich auf Inlandbedarf incl. Technik mit Sonderspezifikationen ausgelegt ) , führte die defacto Monopolstellung der VRB bei Plattentechnik im RGW nicht dazu, gute Qualität und moderne Technikzu erhalten, im Gegenteil , in Verhandlungen war es unmöglich , hohe Qualitätsparameter durchzusetzen.
Es bestanden bei der Ausstattung der ESER-Modelle der DDR ( und auch der SKR- Technik) mit Plattentechnik ständig Defizite bei Speicherkapazität und Zuverlässigkeit der Plattensubsysteme. Dieser Bilanzierungsmangel bei Plattenspeichertechnik entstand vorrangig wegen des Fehlens einer multilateralen Clearings . Die DDR kaufte in der VRB z.B. große Mengen Nahrungsmittel, aber tätigte relativ wenig valutaintensive Exporte in die VRB; so kaufte die VRB auch keine ESER- Technik aus der DDR . Das war auch ein Grund, warum in den späten 80ger Jahren in der DDR entschieden wurde, moderne Winchester- Plattenspeicher wieder selbst zu entwickeln und zu produzieren, obwohl durchWegfall der WPS- Linie der DDR in den 70-er Jahren ein riesiges Technologieloch entstand, dessen Aufholung durch enorme Valutaimporte versucht wurde.
Bei Magnetbandtechnik- Laufwerken war die DDR bis auf wenige Ausnahmen ( 5m/s ) in der Lage, durch Carl Zeiss-Technik ihren Inlandbedarf zu decken. (DDR-Exportmodelle der EDVA wurden immer erst vom Käufer mit Peripherie komplettiert, sofern es sich nicht um Zeiss- Technik oder andere DDR- Peripherie ( EC 7920, u.a ) handelte.) . Trotzdem verliefen Gespräche zu langfristigen Lieferungen in die UdSSR für die Leitung des Kombinates Carl Zeiss Jena nicht überzeugend , sodass keine weiteren strategischen Investments in die MB- Technik mehr erfolgten
Entwicklung und Einsatz von Anwendungssoftware erfolgten in den Teilnehmerländern auf deutlich unterschiedliche Weise , was auch dazu führte, dass der zuständige "Rat für Anwendung der RT" defacto keinerlei Spezialisierung vorschlagen konnte und uneffektiv arbeitete. In der DDR wurden von Anfang der Anwendung der EDVA große Ressourcen darauf gerichtet, geeignete Technologien für die Eigen- Entwicklung von Anwendungssoftware (durch die Anwender) oder von vorgefertigten Sachgebiets- oder Verfahrenslösungen bereitzustellen, um die vielfältigen Spezifika der Gesetzgebung, der Standardisierung und Organisation der Prozesse zu berücksichtigen. Robotron stellte dafür umfangreiche SW und methodisches Material bereit.
Zusammenfassung
Im weitgehend isolierten Wirtschaftsraum der sozialistischen Länder war die Nutzung des RGW-Gesamt- Marktes eine Chance, um die es neben allen technischen und technologischen Themen der Entwicklungsprojekte in der MRK- Arbeit vorrangig gehen sollte.
Die praktizierte , von der UdSSR dominierte Planungs- und Spezialisierungspolitik war nicht nur ineffizient, sondern ein Haupthinterniss zur besseren Ausschöpfung der Potentiale, die im geschlossen Wirtschaftsraum RGW existierten. Das Thema "Planung der Spezialisierung " der MRK- Arbeit ist ein Schlüsselbeispiel für die Systemfehler des realen sozialistischen Wirtschaftsmechanismus , ein Kernelement , das die Anstrengungen , das Können und den Fleiß von Hunderttausenden Menschen in der IT- Branche stark belastete, obwohl die MRK- Arbeit, speziell der Teil des ESER, verglichen mit anderen Wirtschaftszweigen der RGW- Arbeit ein "Vorzeige- Projekt" darstellte..
Obwohl die offizielle Politik eindeutig von Mechanismen der "sozialistischen Planung" ausging und die zentralen Organe diese praktizierten, waren viele Ansätze bestimmter real denkender Persönlichkeiten erkennbar, mangels der schlechten Effektivität bzw. Unwirksamkeit der zentralen Planung deutliche Elemente der Marktwirtschaft einzubauen oder einfach vorauszusetzen. Die Unverträglichkeit derartiger Ansätze war jedoch offensichtlich. Diese Reformansätze kamen zu spät, Gorbatschows Politik verhinderte aber wohl eine weitere Eskalation des Wettrüstens...
Dr.-Ing. Georg Jungnickel
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