Geschichte der Anwendung universeller Digitalrechner in den Atom- und Kosmosprogrammen der UdSSRE. N. Filinow
История применения универсальных цифровых вычислительных машин в ядерной и космической программах СССРЕ. Н. Филинов |
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Bild :BESM-6 |
Übersetzung : Dr. G. Jungnickel |
Vorbemerkungen und Anmerkungen zur Übersetzung
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Die Lösung von Aufgaben im militär- technischen Bereich war von Anbeginn des Computereinsatzes eines der Hauptgebiete. Die Aufgabenstellung , die Algorithmisierung und die Programmierung dieser Aufgaben für Universelle Digitalrechner (Unverselle EDVA - UEDVA) wurden zum Gegenstand von Forschungen und Entwicklungen der führenden Schulen der angewandten (numerischen) Mathematik in der UdSSR. Auf gleiche Weise wurden die Probleme der Schaffung und Nutzung der Computer auch in den USA bearbeitet. Daher wurden im "Morgengrauen" der digitalen Rechentechnik sowohl in der UdSSR , als auch in den USA große Teile der Arbeiten unter dem Chiffre "geheim" durchgeführt. Sogar die Firma IBM, die sich geschichtlich als Lieferant von Rechentechnik für die Business- Welt formierte, fand es wichtig, ihr erstes Computerprojekt " IBM 701" als “Defense Calculator” zu bezeichnen, um das Interesse der Militärs auf ihn zu lenken. Dieser Artikel ist der Geschichte der Nutzung von einheimischen [UdSSR-] UEDVA zur Lösung von Aufgaben der Atom- und Kosmosprogramme der UdSSR gewidmet, die auf die Schaffung eines atomaren Raketenschirmes des Landes und auf die Erreichung des militärischen Gleichgewichtes mit den USA gerichtet waren. |
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1. Das UdSSR- Atomprogramm |
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Der Begründer des sowjetischen Atomprogramms ist Akademie-Mitglied (AM) V. I. Vernadskij. Wie kein anderer verstand er den tiefen Sinn der Radioaktivität, die von Antoine H. Becquerel entdeckt worden war. Vernadskij legte noch 1910 ein konkretes Programm zur geologischen Erkundung von Uranerzen und zur Erschließung der Energie der Atomspaltung vor. Er sagte 1922 in Petrograd bei der Eröffnung des Radium- Institutes, dessen Direktor er war:
Im Institut von Vernadskij entfaltete sich auch das Talent des damals noch jungen I. V. Kurtschatow, des künftigen Leiters des sowjetischen Atomprogramms[7]. J. W. Stalin empfing 1943, kurz vor Beginn der Schlacht um Stalingrad, auf seinem Landsitz in Kunzewo zwei herausragende Gelehrte - V. I. Vernadskij und A. F. Joffe [А. Ф. Иоффе]. Sie überzeugten den Führer von der Möglichkeit und der Realität der Schaffung von Atomwaffen. Natürlich hatte Stalin auch schon zuvor Informationen der Aufklärung über die amerikanischen und britischen Atomprogramme, sowie über die Versuche im "Dritten Reich", eine "Vergeltungswaffe" zu schaffen. Er hatte dazu auch Briefe von Gelehrten der AdW UdSSR, speziell von G. N. Flerow bekommen. Aber die Überzeugung, dieses Thema in den Rang der wichtigsten staatlichen Aufgaben zu setzen, kam bei diesem Treffen. Danach folgte ein Beschluss des Staatlichen Verteidigungskomitees (GKO; ГКО). Der Beginn des sowjetischen Atomprogramms datiert auf das Jahr 1943, als mit Beschluss des GKO im Lande die erste wissenschaftliche Forschungseinrichtung zum Atom- Problem geschaffen wurde- das "Laboratorium für Messgeräte Nr.2" der AdW UdSSR - das LIPAN (ЛИПАН) - heute das Russische Forschungszentrum "Kurtschatow- Institut"). Die Leitung des Laboratoriums und aller Arbeiten zum Atom- Problem wurde AM I. V. Kurtschatow übertragen. Einer seiner Stellvertreter für Forschung wurde nach einiger Zeit der hervorragende Mathematiker S. L. Soboljew ( С. Л. Соболев). Das Atomproblem überragte deutlich den Rang von Physik-Grundlagenforschungen. Der spätere Nobelpreisträger N. N. Semenow (Н. Н. Семенов) sagte 1926 in seiner ersten Publikation über chemische Kettenreaktionen zwei Varianten des Verlaufes solcher Reaktionen voraus: eine Kettenreaktion ( wie in einer Uranbombe) oder eine thermische Explosion ( wie in thermonuklearen Bombe ). Semenow machte 1935 seinen bekannten Vortrag über "sich verzweigende Reaktionen unter Beteiligung von Neutronen". 1939-1940 publizierten die Physiker Ja. B. Seldowitsch ( Я. Б. Зельдович) und Ju. B. Charitonow ( Ю. Б. Харитон) im "Journal für theoretische und experimentelle Physik" drei Arbeiten, die später Klassiker wurden und die Grundlagen der Atombombe und der Atom- Energetik schufen. Daher gab es im Lande bei Beginn des Atomprogramms bereits fundamentale wissenschaftliche Grundlagen, die der UdSSR erlaubten, eigenständig und in kürzester Frist das Monopol der USA auf die Verfügung von Atomwaffen zu brechen. Diese Grundlagen bestanden nicht nur im Bereich der Physik, sondern auch der numerischen Mathematik , der Hydrodynamik , Chemie u. a. . Es ist bekannt, das der Forschungsaufwand des Atombomben- Projektes damit verbunden ist, dass eine große Variantenvielfalt von physikalischen und technologischen Aufbauprinzipien einer Bombe auf Basis von Uran-235 oder Plutonium- welches aus Uran 238 durch Neutronenbeschuss bei einer gesteuerten Kernreaktion entsteht- untersucht werden muss. Das Atombomben-Projekt im faschistischen Deutschland war genau mit diesem wissenschaftlich- technischen Problem konfrontiert, weil die deutschen Physiker zeitparallel sieben Varianten des Aufbaus der Bombe untersuchen und entwickeln mussten. Das passierte, weil am Anfang der Arbeiten ein prinzipieller Fehler dazu führte, dass Graphit als Material zur Bremsung von Neutronen beim Uran-Beschuss ausgeschlossen wurde und die Wahl auf "schweres Wasser" fiel. ( Nicht auszudenken, welche Katastrophe für die Menschheit hätte entstehen können, wenn der Krieg noch 2-3 Jahre länger gedauert hätte und ..das faschistische Deutschland als Erster die Bombe eingesetzt hätte). Es ist klar, dass es für die Verringerung der Variantenzahl nötig war, mathematische Modelle von Atomexplosionen einzusetzen, vor allem zur Berechnung der Stärke der Ladung. Derartige Berechnungen wurden im LIPAN von Soboljew und in einer Abteilung der angewandten Mathematik des Mathematischen Instituts der AdW UdSSR ( heute das "Keldysch- Institut für angewandte Mathematik der RAN" ) durchgeführt. A. A. Samarskij organisierte diese Berechnungen damals noch vor der Schaffung der ersten sowjetischen Computer mittels einer Rechner-Brigade , die mit mechanischen Tischrechnern arbeiteten. Schon damals wurden effektive Algorithmen zur numerischen Lösung von Gleichungen der mathematischen Physik genutzt, die den Prozess einer Atomexplosion beschreiben. 1953 wurde die zweite Ausgabe der gesammelten Werke von Samarskij und Tichonow " Gleichungen der mathematischen Physik" ( “Уравнения математической физики” ) [1] publiziert , wo die erzielten Erfahrungen dargestellt wurden , natürlich ohne Nennung der Berechnungen , die dem zugrunde lagen. Die Unterstützung der Physiker seitens der numerischen Mathematik erwies sich in der ersten Phase des sowjetischen Atomprogramms als extrem wichtig, als das Kollektiv um Kurtschatow vor der Notwendigkeit stand, fehlerfreie Entscheidungen zu treffen. Wie AM Velichow sagte, ".. gäbe es in der UdSSR keine Physik mehr, wenn es nicht gelungen wäre, 1949 die Atombombe zu testen" . Offenbar hatte Stalin schon ein "Ersatzkommando" von Physikern vorbereiten lassen , die bereit waren, die Kurtschatow- Mannschaft zu ersetzen. Diese Annahme ist sehr wahrscheinlich, denn in der UdSSR war damals der Minister des Inneren Berija [gleichzeitig auch KGB- Chef)politischer Leiter des Atomprogramms. Die physische Vernichtung von Menschen , die zu "Feinden des Volkes" erklärt wurden, war in den 40er Jahren an der Tagesordnung. Interessant ist, dass auch in den USA eine ähnliche Situation bestand, denn der erste offizielle Brief des Leiters des Manhattan- Projekts L. Grows war an den Generalstaatsanwalt gerichtet mit der Aufforderung zum Arrest der Physiker Enrico Fermi und Leo Szilard wegen angeblicher Spionage. Die ersten Programme für den Rechner "Strela" (“Стрела”), der Algorithmen für die numerische Lösung von mathematischen Modellen einer Atomexplosion lösen konnte, wurden im Institut für angewandte Mathematik der AdW UdSSR (IPM AdW UdSSR ; ИПМ АН СССР ) entwickelt. Obwohl die Rechenleistung , aber besonders die Zuverlässigkeit dieses Rechners absolut unzureichend war, wurden die ersten Aufgaben dank der virtuosen Arbeit der Programmierer gelöst. Der führende Programmier- Spezialist M. P. Schura- Bura erzählte zu diesem Thema unter der Überschrift "Wie wir die Strela besiegten". In den 50er Jahren entwickelten Samarskij und Tichonow die Theorie der Differenzen- Gleichungen sehr stark, was (1956-1959) die Lösung von Differential- und Integralgleichungen der mathematischen Physik mittels algebraischer Differenzen- Gleichungen ermöglichte und später zur Bearbeitung von Algorithmen und Aufgaben des Atomprogramms auf EDVA des Typs M20, M220 und BESM-6 im Institut für angewandte Mathematik der AdW UdSSR, im Institut für Atomenergetik, im VNII (ВНИИ) für experimentelle Physik ("Арзамас-16"), im VNII (ВНИИ) für technische Physik (Снежинск, "Челябинск-70") u .a. eingesetzt wurden. Die Hauptereignisse der Geschichte des sowjetischen Atomprogramms sind auf den Seiten des Museums der Atomwaffen VNIIEF (ВНИИЭФ) in Sarow [3] zu finden. 1953 wurde in der UdSSR der weltweit erste Test einer Wasserstoffbombe durchgeführt. Sie war im VNIIEF (ВНИИЭФ)( “Арзамас-16”) entwickelt worden. Für die Arbeiten zur numerischen Modellierung der Kernwaffe und zur Berechnung der Konstruktion dieses Bombentyps im ВНИИЭФ wurden von 1953 bis 1956 die führenden Mathematiker Lawrentjew [М. А. Лаврентьев) und Schirkow (Д. В. Ширков) einbezogen. Schon lange zuvor hatte Lawrentjew eine hydrodynamische Betrachtung des Effektes der Kumulation vorgeschlagen. Die Hauptidee Lawrentjews - auf den ersten Blick eine paradoxe Annahme- bestand darin , dass man bei hohem Druck, wie er bei Explosionen entsteht, Metall als ideale nichtkomprimierbare Flüssigkeit betrachten kann und die Bildung des kumulierten Strahles als mathematisches Problem des Zusammenwirkens von Flüssigkeitsstrahlen behandelt. Für ein derartiges Modell existierte bereits ein fertiger mathematischer Apparat. Daher konnte man eine Theorie der gerichteten Explosion schaffen und dafür Berechnungen durchführen. Lawrentjew führte zusammen mit Vladimirow (В. С. Владимиров) , Ovsjanikow (Л. В. Овсянников) und Schirkow ( Д. В. Ширков) auch die Berechnungen für die Konstruktion von Artillerie- Atomsprengköpfen durch, die die Möglichkeit boten, Atomwaffen nicht vom Flugzeug gegen große Flächen, sondern auf Distanz der Artillerie ( wie das in den USA genannt wurde) einzusetzen. Für diese Arbeiten erhielten alle Beteiligten die Staatsprämie (Lenin- Prämie) . 1961 wurde auf der Insel Nowaja Semlja der mächtigste Test einer Thermonuklear-Bombe in der Atmosphäre mit 58 Megatonnen TNT-Äquivalent durchgeführt, und 1962 führte die UdSSR auf Nowaja Semlja ihren letzten atmosphärischen Atomtest durch. Danach wurden mathematische Modelle und unterirdische Tests die Hauptmethoden von Erprobungen. 1970 wurden die ersten Interkontinental- Raketen mit Mehrfach- Sprengköpfen in die Waffen- Arsenale der Sowjetarmee eingeführt. Das Problem der Miniaturisierung von Atomsprengsätzen wurde im "VNII für technische Physik" in Sneschinsk (ВНИИ технической физики Снежинск) unter Leitung von Schelkin ( К. Н. Щелкин) gelöst. Diese Ergebnisse waren die Grundlage für Mehrfachsprengköpfe der Raketenwaffe der UdSSR in den 70er Jahren. AM A. D. Sacharow (А. Д. Сахаров) schrieb in seinem Buch "Erinnerungen" (“Воспоминания”): "ein großes Objekt - mit 100 Megatonnen TNT Äquivalent - ist im militärischen Sinne zwecklos, für ihn existiert keine geeignete Trägerrakete, und ein Bomber mit diesem Objekt kann leicht abgeschossen werden. Die Idee der Militärs war ein Torpedo mit Start von einem U-Boot. Derartige Meeres- Raketen, auch solche mit Mehrfach- Köpfen, wurden im Konstruktionsbüro von AM Makejew ( В. П. Макеев ) in der Stadt Miass [Ural] entwickelt. In den Jahren 1979-1987 erhielt die Sowjetarmee eine neue Generation strategischer Raketenkomplexe für stationären und mobilen Einsatz, darunter für U- Boote |
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In den russischen Massenmedien ( Zeitungen , Fernsehen) wurde längere Zeit der Mythos kultiviert, dass die Atombombe der UdSSR angeblich eine Kopie der US-Bombe war, wobei die Verdienste der wissenschaftlich - technischen Aufklärung bei der Lösung des Atomproblems außerordentlich aufgebauscht wurden. Tatsächlich war das nicht so, die " Wissenschaftler und die Aufklärer lösten eine gemeinsame Aufgabe" [6]. Die sowjetische Aufklärung erhielt von den amerikanischen Physikern Klaus Fuchs und Theodor Holl ( Tarnname Persus;“Персей” ) aus dem Atom-Labor in Los Alamos, die nach ihrer Überzeugung handelten und nicht für Geld, nicht etwa die Zeichnungen der Atombombe ( nach denen angeblich Kurtschatow die UdSSR- Bombe gebaut hat) , sondern Skizzen der Kernladung mit Maßangaben und Materialbezeichnungen [8]. Natürlich dienten diese Informationen und die Antworten auf die Fragen , die Kurtschatow über die wissenschaftlich- technische Aufklärung stellte, dazu, dass man aussichtslose Varianten und fehlerhafte Lösungsansätze ausschließen konnte, wie oben dargelegt. Allerdings hatte die Anwendung der mathematischen Modellierung [ Simulation] einen gleich großen Anteil am Erfolg. Darüber berichtete AM A. A. Samarskij auf dem Symposium "Die AdW Russlands und die ersten Tests eigener Atomwaffen" ( “Российская Академия наук и первое испытание отечественного ядерного оружия”) anlässlich des 275. Jubiläums der RAN und des 50.Jahrestages des Tests der sowjetischen Atombombe [5]. Der Versuch der sowjetischen Spezialdienste ist geradezu typisch, bei der Parteiführung des Landes ihren bedeutenden Anteil besonders hervorzuheben. Einer solchen Versuchung konnten auch die Dienste der wissenschaftlich- technischen Aufklärung nicht widerstehen. Von P. A. Sudoplatow ( П. А. Судоплатов) stammt die Mär, dass Nils Bor selbst unseren Aufklären extrem wertvolle Informationen übergeben haben soll. In Wirklichkeit waren das allgemeine Informationen, die unsere Physiker auch ohne Hilfe durch Nils Bor kannten. [4]. Ein Rückblick auf das sowjetische Atomprogramm wäre ohne die Erwähnung des Einsatzes von Computern zur Berechnung der Atomreaktoren der Kernkraftwerke unvollständig. Den größten Beitrag dazu leistete G. I. Martschuk (Г. И. Марчук) in den Jahren 1953-1962 während seiner Arbeit am Physikalisch- Energetischen Institut ( ФЭИ) in der Stadt Obninsk. Damals wurden für die Reaktor- Berechnungen die Rechner M-20 genutzt. Mathematische Grundlage waren aproximierte Näherungslösungen der Bolzmann- Gleichung in Anwendung auf Neutronen. G. I. Martschuk veröffentlichte die Ergebnisse seiner Arbeiten in zwei Sammelbänden : " Numerische Methoden der Berechnung von Kernreaktoren" (“Численные методы расчета ядерных реакторов” 1959 ) und "Methoden der Berechnung von Kernreaktoren" (“Методы расчета ядерных реакторов” 1961 ). Für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Kernreaktoren erhielt Martschuk 1961 den Lenin-Preis. Schließlich darf man nicht versäumen, den Einsatz von universellen Computern für die Simulation [Modellierung] von globalen Klimamodellen der Erde zu nennen. Die Modelle des sog. "atomaren Winters" wurden im RZ der AdW UdSSR von V. V. Aleksandrow und G.L. Stentchikow (В. В. Александровым ; Г. Л. Стенчиковым) unter Leitung von AM N. N. Moisejew (Н. Н. Моисеева) erarbeitet. Berechnungen mittels der BESM-6 zeigten, was die Menschheit erwartet, wenn ein Kernwaffenkrieg stattfindet. Sie dienten als ernst genommene Warnung für die Politiker sowohl der USA als auch der UdSSR in der Phase des "Kalten Krieges" und als Anreiz für Verhandlungen über die Verringerung der Kernwaffenarsenale , für das Verbot von Kerntests in der Atmosphäre, im offenen Weltraum und unter Wasser. |
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II. Das sowjetische Kosmosprogramm |
Energija -Rakete- eine der letzten Entwicklungen |
Heute ist es weltbekannt, dass das sowjetische Kosmosprogramm von Chefkonstrukteur AM S. P. Koroljow (С. П. Королев) geleitet wurde. Wesentlich weniger Bürgern der RF ist AM M. V. Keldysch (М. В. Келдыш) bekannt, der seinerzeit von den Journalisten der "Cheftheoretiker der Kosmonautik" genannt wurde, weil es verboten war wegen der strengen Geheimhaltungsregeln diese Namen öffentlich zu nennen. Das Institut für angewandte Mathematik der AdW UdSSR ( IAM; ИПМ), welches von M. V. Keldysch gebildet wurde, war Initiator und Hauptentwickler der Software für die Berechnung der Flugbahnen ballistischer Raketen und kosmischer Apparate , die bei der Ausführung aller kosmischen Starts von künstlichen Erdsatelliten erforderlich waren. Für die Durchführung derartiger Berechnungen wurde im IAM, im Flugleitzentrum und in anderen Organisationen, die mit dem Kosmosprogramm befasst waren, zunächst die universellen Digitalrechner М-20, danach BESM-6 und das Mehrmaschinensystem AS-6 ( АС-6) eingesetzt. Im IAM wurden die Algorithmen und Programme dieser Berechnungen unter Leitung von AM D. E. Ochozimskij (Д. Е. Охоцимский) entwickelt. Als seinerzeit die Journalisten über die Schaffung des atomaren Raketen- Schutzschildes des Landes schrieben, benutzten sie das Kürzel аббревиатуру"3K" — Kurtschatow, Koroljow, Keldysch. Akademiemitglied B. E. Paton (Б. Е. Патон) unterstrich die herausragende Bedeutung der Schaffung und Anwendung von Computern für das Atom- und Kosmosprogramm. Er sagte auch, dass gerechterweise auch der Name von Akademiemitglied S.A. Lebedjew genannt werden müsste, der die Computer schuf, die in diesen Programmen eingesetzt wurden. Universalrechner wurden nicht nur für ballistische Berechnungen eingesetzt, sondern auch für die Projektierung der Trägerraketen selbst - sowohl im Konstruktionsbüro (KB) S. P. Koroljows , als auch dem KB von V. N. Tchelomej (В. Н. Челомей), des Chefkonstrukteurs des militärischen Raketenprogramms. Was die Schaffung von militärischen Raketen- Flugzeugen [ Marschflugkörpern] betrifft, so wurde das erste Ergebnis des sowjetischen Programms die Schaffung eines Flugkörpers, der vergleichbar mit der Zweckbestimmung der deutschen "V1" und "V2" war, die von W. v. Braun entwickelt wurden [8]. .. . Eine Rakete vergleichbar mit der Zweckbestimmung der V2 schuf das KB von S. P. Koroljow ( heute Wissenschaftliche Produktionsvereinigung "Energija" (WPV) ; NPO "Energija") , dessen Mitarbeiter Tchertok und Mischin zu Kriegsende auf Dienstreise in Deutschland waren , um Beute- Muster der Flüssigtreibstoff- Raketenmotoren der V2 und des Systems der automatischen Flugsteuerung sicherzustellen. Eine Rakete vergleichbar mit der V1 schuf das KB von V. N. Tchelomej ( heute "WPV Maschinenbau" in Re'utow im Moskauer Gebiet ). Im Ergebnis wurde die Sowjetarmee mit Marschflugkörpern ausgerüstet , die für die damalige Zeit führendes Niveau darstellten. Nach diesen ersten Raketen wurden in den 70er- und 80er Jahren eine ganze Serie verschiedener militärischer Trägerraketen. Die Hauptbeteiligten der Schaffung kosmischer militärischer Raketenkomplexe im sowjetischen Kosmosprogramm waren : das "Südliche Maschinenbau- Werk" in Dnepropetrowsk , das KB "Süd" names Jangelj (КБ “Южное” им. М. К. Янгеля); die WPV "Maschinenbau" (НПО машиностроения); die WPV "Chartron" (НПО “Хартрон”) [der größte Teil der Kapazitäten lag in der Ukraine]. |
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Durch das Dnepropetrowsker "Südliche Maschinenbau- Werk"(JuMS; ЮМЗ) des Ministeriums für allgemeinen Maschinenbau der UdSSR (Generaldirektor des JuMS war ab 1986 L. D. Kutschma ) und durch das KB "Süd" wurden der Raketenkomplex "Zenit" und der Raketenkomplex 15А18М geschaffen, im Westen bekannt als SS-18 "Satan". Der SS-18 wurde 1988 in die Bewaffnung eingeführt. Er stellte die Hauptschlagkraft der strategischen Raketentruppen der UdSSR dar und setzte den I- Punkt in der Geschichte des "kalten Krieges", indem er die sich gegenüberstehenden Seiten zur Unterzeichnung des Vertrages über die Begrenzung der strategischen Bewaffnungen drängte. Chefkonstrukteur der Raketenkomplexe im KB "Süd" war von 1960 bis 1986 V.G. Sergejew , zweifach als Held der soz. Arbeit, mit dem Lenin- Preis und Staatspreisen der UdSSR und der USSR [Ukrainischen SSR] und dem Jangelj- Preis ausgezeichnet . Die Leitsysteme für die Trägerraketen wurden in der WPV "Chartron" in Charkow entwickelt . Der Generaldirektor war V.G. Sergejew, der Chefkonstrukteur für die Bordcomputer der Raketenkomplexe war A. J. Krivonosow (А. И. Кривоносов). Der Raketenkomplex 15А30 wurde im KB "Maschinenbau" ("WPV Maschinenbau" ) in Re'utow entwicklet. Generalkonstrukteur war AM V. N. Tchelomej . Das Leitsystem der Rakete wurde von der WPV "Chartron" geschaffen. Für die Entwicklung der programmtechnischen MIttel für den sogenannten "elektronischen Start" einer Rakete wurde in der WPV "Chartron" ein Gerätekomplex auf Basis von BESM-6 eingesetzt. Dieser simulierte den Flug der Rakete und die Reaktion des Leit-Systems auf die Wirkung der hauptsächlichen Außeneinwirkungen und ermöglichte eine vollständige Überprüfung des Flugprogramms. Für die Schaffung der Technologie des "Elektronischen Startes" wurde sein Entwickler- Kollektiv - Ja. E. Aisenberg, B.M. Konorjew, S.S. Koruma, I.V. Veljbitzkij u.a. ( Я. Е. Айзенберг, Б. М. Конорев, С. С. Корума, И. В. Вельбицкий ) mit dem Staatspreis der USSR geehrt. Die Leitsysteme , die von der WPV "Chartron" entwickelt wurden, wurden an das JuMS zugeliefert. |
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[Unten: Zusammenstellung sowjetischer/ russischer bodenbasierter Trägerraketen mit überwiegend ziviler Zweckbestimmung. Die Darstellung vermittelt den Hauch einer Vorstellung zur enormen Leistungsfähigkeit der sowjetischen Militärindustrie und Raumfahrt und des verfügbaren ingenieurtechnischen know-how, aber wohl auch über den gewaltigen Kräfteverschleiß, den das Wettrüsten der Volkswirtschaft abverlangte. Ein Ausschnitt, zu dem noch viele Varianten taktischer und strategischer Raketen der verschiedenen Waffengattungen hinzuzufügen wären !!]
Übersicht zu sowjetischen/ russischen Trägerraketen mit überwiegend ziviler Zweckbestimmung Quelle : http://www.bernd-leitenberger.de/russ-raketen.shtml |
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III. Die Erzielung des strategischen Verteidigungs- Gleichgewichtes zwischen der UdSSR und den USABei der Konfrontation der USA und der UdSSR in der Periode des "kalten Krieges" wurde das Jahr 1949 zum Scheitelpunkt. Am 29.August 1949 wurde die erste einheimische ("vaterländische") Atombombe getestet. In den USA wurde die erste A- Bombe am 16.Juli.1945 getestet und im August 1945 bombardierten die USA die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki . Diese Bombardierung hatte keinerlei Bedeutung auf die unmittelbaren Ergebnisse des Krieges mit Japan. Sie waren lediglich eine Demonstration der Stärke der amerikanischen Militärs , die direkt an die Adresse der Sowjetunion gerichtet war, damals noch Verbündeter der USA und zugleich der potentielle Gegner im Hinblick auf den künftigen "kalten Krieg" waren. Die Frage , ob die USA eine Aggression gegenüber der UdSSR vorbereiteten oder nicht, ist lange Zeit unter Politikern und Gelehrten diskutiert worden. Verschiedene Meinungen dazu äußerten unter anderem auch namhafte Gelehrte. So bewertete AM L. A. Arzimovitsch ( Л. А. Арцимович) die Wahrscheinlichkeit einer derartigen Entwicklung der Ereignisse eher skeptisch , während AM A.P. Aleksandrow (А. П. Александров) es entgegengesetzt als sicher bezeichnete, dass eine US- Aggression unausweichlich gefolgt wäre, wenn nicht der erfolgreiche Atombombentest der UdSSR und danach 1953 der Test der Wasserstoffbombe erfolgt wären. Ab Herbst 1955 wurden die sowjetischen Diesel- Elektro- U-Boote mit Torpedos mit Atomsprengköpfen ausgerüstet Ab Ende der 50er - Anfang der 60er Jahre erhielt die Meereskriegsflotte der UdSSR die ersten strategischen U- Boote mit Atom- Antrieb und und ballistischen Atomraketen an Bord. Der Chefkonstrukteur des ersten sowjetischen Atom-U-Bootes (AUB; АПЛ) war V. Peregudow (В. Перегудов) , dessen 100. Geburtstag im Juli 2002 begangen wurde. In der UdSSR wurde 1957 das erste sowjetische AUB "Leninscher Komsomol" vom SKB "Malachit ( СКБ “Малахит” ) fertig gestellt, insgesamt 4 Jahre nach der Schaffung des US AUB "Nautilus" . Der Prototyp des Reaktors für das sowjetische AUB war der Reaktor des Atomkraftwerkes von Obninsk. Nachdem klar war, dass bzgl. der Verfügbarkeit von Atomwaffen ein Gleichgewicht erreicht war, wurde die Verfügbarkeit von Trägermitteln zur wichtigsten Frage, d.h. von Trägerraketen , die in der Lage waren , Kernsprengköpfe der geforderten Sprengkraft zu befördern. Das Gleichgewicht hierbei wurde Mitte der 80er Jahre erreicht ( siehe Abschnitt 2 ). “Einige Tage vor Beginn der Verhandlungen zwischen Gorbatschow und Reagan in Reykjavik überflog unsere Rakete ("Satan") die Hawai- Inseln und setzte10 abgetrennte Sprengköpfe frei. Die USA sollten wissen , mit wem sie es zu tun haben"- erzählte B. E. Vasilenko- Mitarbeiter der Entwicklung des Lenksystems der Rakete 15А18М (SS-18 “Satan”) und Chefingenieur der WPV " Kiewer Radiowerk" . Das strategische Verteidigungsgleichgewicht zwischen der UdSSR und den USA wurde auch durch die Verfügbarkeit von Raketenabwehr- Systemen (RAS; ПРО) sichergestellt. Am 26.Mai 1972 wurde der Vertrag über Begrenzung bei Systemen der Raketenabwehr unterzeichnet . Gemäß Vertrag hatte jede Seite das Recht , nicht mehr als zwei RAS zu installieren, eines davon konnte zur Sicherung der Hauptstadt-Vertrag unterzeichnet, wonach die Zahl der gestatteten RAS auf jeweils eins verringert wurde, dessen Ort jede Seite selbst bestimmen konnte. In der UdSSR wurde entschieden, die Hauptstadt Moskau mit einem Abwehrschirm zu schützen, in den USA wurde die Militärbasis Grand Forks/ Staat Norddakota ausgewählt. Arbeiten zur Schaffung eines RAS wurden in der UdSSR 1958 begonnen unter Leitung des Generalkonstrukteurs G. V. Kisunko (Г. В. Кисунько). Es erhielt die Chiffre "System A-35" Die Basis dieses Systems bildete ein universeller Rechnerkomplex auf Grundlage der Rechner M-40 und M-50 , die vom Institut für Präzisionsmechanik und Rechentechnik der AdW UdSSR (IPM u RT ; ИТМ и ВТ АН СССР) im Zeitraum 1956- 1961 entwickelt wurden. Für die М-40, des damals schnellsten Reсhners im Lande, wurden von V. S. Burzew (В. С. Бурцев) erstmalig Prinzipien zur Parallelverarbeitung auf Hardware- Niveau eingeführt. Aalle Haupt- Operationsblöcke ( Arithmetik- Einheit, Steuerung, Hauptspeicher , externer Speicher ) hatten eigenständige Steuerungen und arbeiteten parallel. Erstmalig wurde das Prinzip des Multiplex- Kanals eingesetzt, mit dem es gelang, ohne Verlangsamung des Verarbeitungsprozesses Eingabe und Ausgabe von Informationen mit 10 asynchron arbeitenden Leitungen [Kanälen] zu den Radarstationen zu sichern und dabei eine Gesamtdatenrate von 1 MBit/s. zu erreichen. Die M-50 war eine Modifikation der M-40 zur Rechnung mit Gleitkomma. Sie wurde ab 1959 eingesetzt. Für die Schaffung der Rechnerkomplexe des RAS auf Basis M-40/M-50 wurden S. A. Lebedjew und B. I. Burzew mit dem Leninpreis geehrt. In den Jahren 1961-1968 wurden im IPM u RT für die RAS neue hochproduktive Rechner der zweiten Generation entwickelt- der Rechner 5Э92б und seine Modifikation zur Arbeit mit Gleitkomma 5Э51. Chefkonstrukteur der 5Э92б und 5Э51 war S. A. Lebedjew , sein Stellvertreter B. I. Burzew. Erstmalig entstand die Möglichkeit, in Raketenabwehr- Systemen Zweiprozessorkomplexe mit gemeinsamen Hauptspeicher einzusetzen und Rechnerkomplexe mit gemeinsamen Pool von externen Speichern zu realisieren. Die gesamtstaatlichen Tests der 5Э92б erfolgten 1964, ein RAS- Mehrmaschinenkomplex , bestehend aus 8 Maschinen 5Э92б wurde im realen Einsatz 1967 geprüft. Danach wurden die serienmäßig produzierten Rechner 5Э92б und 5Э51 die Grundlage der Raketenabwehr der UdSSR. Für sie wurden Anwenderprogramme geschrieben , die die spezifischen Möglichkeiten berücksichtigten, die in der Architektur dieser Rechner realisiert waren. Die Schaffung von RAS sicherte ein Gleichgewicht zwischen UdSSR und USA im "Kalten Krieg" und spielte eine äußerst wichtige politische Rolle beim Abschluss des Vertrages über die Begrenzung der RAS im Jahre 1972 , worüber oben bereits berichtet wurde. Eine zweite Variante des russischen RAS - das " System A-135" wurde 1994 in die Bewaffnung eingeführt. Sein Kern wurde die Mehrfunktions- Radarstation "Don" ( “Дон”) und ein Hochleistungs- Rechnerkomplex , der sich in der in der Nähe von Moskau gelegenen Stadt Sofrino befindet und als Schild für die Hauptstadt zum Schutze vor Atomraketen- Angriffen dient. Der Vertrag über die Verringerung von atomaren Potentialen , der zwischen den Präsidenten Russlands und den USA , V. V. Putin und Dh. Busch unterzeichnet wurde, fixiert ihr Niveau bei 1700- 2200 Kernladungen auf strategischen Trägerraketen. Leider ist diese Zahl noch sehr hoch. Wie der Direktor des Instituts für Probleme der internationalen Sicherheit der AdW Russlands A. N. Kokoschin ( А. Н. Кокошин) sagte , “wird in Wirklichkeit niemand niemals mit Sicherheit wissen, wie ein ganzes Raketenabwehrsystem oder ein System Strategischer Angriffswaffen (SSA; СНВ) funktioniert. Bei dem Versuch, das auszutesten, könnten diejenigen, die deren Einsatz- Effektivität bewerten sollten, einfach nicht überleben". Daher sollte man auch die Möglichkeiten des amerikanischen nationalen RAS nicht überbewerten, dessen Schaffung die USA nach ihrem Austritt aus dem RAS- Abkommen planen. Es wäre nötig, ganz Amerika nicht unter einen Schirm , sondern in Betonbunker zu bringen , denn kein Raketenabwehr- Schirm der Welt kann vor 1700 Sprengköpfen Schutz gewähren. Im Verlaufe des hemmungslosen Wettrüstens wurden Waffenarsenale angehäuft, die es jetzt abzubauen gilt. Aber auch das erfordert bedeutende Anstrengungen und Ausgaben. Wiederum sind Modelle, Algorithmen und Programme erforderlich , um mittels Computer die Bedingungen und Umstände zu ermitteln, um Gebäude zur Lagerung der Materialien aus den Kernladungen zu konstruieren, ohne der Umwelt nicht widergutmachbare Schäden zuzufügen. |
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IV. Wozu benötigen die Militärs heute Supercomputer - und welche ?Natürlich ist die Aufgabe, die Wirkung von Atomwaffen zu simulieren, auch in der heutigen Zeit weiterhin aktuell. In den USA wird mittels des Project Purple die Ausstattung der führenden nationalen Laboratorien mit Hochleistungs- Rechnern geplant, die diese Aufgabe bearbeiten. Zum Beispiel hat das nationale Livermoore Labor der USA entschieden, aktiv relativ preiswerte LINUX- Cluster einzusetzen. Der erste besteht aus 1400 universal - Prozessoren Pentium 4 der Firma Intel und soll eine Leistung von 6,7 ТFLOPS erreichen. Rechentechnik mit etwa diesem Leistungsniveau benötigen auch die russischen Physik- Zentren. Gleichzeitig sehen moderne Militär- Doktrinen eine Verschiebung der Akzente von strategischen Angriffswaffen auf der Grundlage ballistischer Raketen mit Kernsprengköpfen ( für diese war 1990 ein Kräftegleichgewicht erreicht, siehe Abschnitt 3) zur Umrüstung der Armeen mit neuen Generationen traditioneller Bewaffnung: Kampfflugzeuge und Hubschrauber, Untersee- und Übersee- Schiffe , Schützenpanzer (БМП) , Transport- Panzerwagen (БТР) und Panzer , sowie radiotechnischer Apparaturen. Zum Schwerpunkt der Militärdoktrin wurde die Sicherstellung der Führung von Truppen verschiedener Waffengattungen von einem zentralen Kommando- Punkt. Dafür benötigen die Militärs Mittel für eine komplexe computergestützte Simulation des Kampfraumes , wobei das Modell die Wirkung aller Waffengattungen imitieren soll und damit ermöglichen soll, verschieden Szenarien der Kämpfe durchzuspielen und zu analysieren. Derartige Mittel der Führung eines "Elektronischen Krieges" (The Joint Warfare System, JWARS) entwicklet z.B. in den USA die Firma CACI im Auftrage des Verteidigungsministeriums der USA (VM der USA). Übrigens: die Firma CACI ist seit den 60er Jahren als Erfinder der ersten Simulationssprache SIMSCRIPT bekannt. Das VM der USA erarbeitete eine Konzeption der informationstechnischen Überlegenheit — “Information Superiority: Making the Joint Vision Happen”, und definierte diese als Fähigkeit , schneller als der Gegner Information zu sammeln, zu bearbeiten, Information über das Kampffeld schneller zu steuern und zu verteilen, was im Idealfalle den Kommandeuren die Möglichkeit bieten soll, Entscheidungen mit der "Geschwindigkeit eines Gedankens" zu treffen. Es muss bemerkt werden, dass unter modernen Bedingungen die Rolle der Informations- Infrastruktur einer beliebigen Gesellschaft oder eines Staates stark gewachsen ist. Wenn Mitte des 20. Jahrhunderts die Physik , wie oben gezeigt, die Schaffung strategischer Angriffswaffen und Raketenabwehrsysteme stimulierte, so hat heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts , die Revolution in der Informations- Sphäre die Konzeption von "Informations- Kriegen" entstehen lassen. Wenn heute Informationssysteme ausfallen, die lebenswichtige Funktionalitäten einer Gesellschaft sichern ( Elektroversorgung, Transport, Nachrichtenwesen u.s.w. ) , so wird praktisch das gesamte Leben gelähmt. Daher fordern Drohungen eines Angriffs auf diese lebensnotwendigen Informationssysteme adäquate Maßnahmen des Schutzes , die vergleichbar sind mit solchen Schutzmaßnahmen, wie sie von den Systemen der Raketenabwehr gewährleistet wurden ( und heute weiter gesichert werden ). Die neue Strategie der Kriegsführung, die vom Pentagon 2001 erarbeitet wurde, erfordert nicht den Kampf mit gewöhnlichen großen Armeen konkreter Staaten , sondern mit hochmobilen maskierten Partisanen- und Terroristen- Netzwerken , deren Basen in verschiedenen Ländern existieren. In Russland sind im Auftrage des VM der RF eine Reihe von Software-Systemen für die Truppen der Luftverteidigung (ПВО) und der Luftstreitkräfte( ВВС) entwickelt worden, darunter :
Diese Systeme stellte der Konzern IWK (ИВК) auf der Ausstellung "Modul 2002" (“Модуль-2002”) vor. Das Beobachtungssystem "Tableaut" ( “Планшет”) , welches die Führung verschiedener Truppenarten von einer zentralen Befehlsstelle ermöglicht, wurde von der AG " Verteidigungssysteme" (“Оборонительные системы”) gemeinsam mit der Firma Transnetservice ( “Транснетсервис”) entwickelt. Die Regierung der RF hat einen Beschluss über mögliche Lieferungen des Komplexes "Elbrus-90 Mikro" (“Эльбрус-90 микро”) , der von der AG MZST (АО МЦСТ ) entwickelt wurde, an die russische Armee gefasst. [Kern sollte ursprünglich allerdings der Mikroprozessor Elbrus-2000 sein ] Für Rechnerkomplexe für Verteidigungsaufgaben hat das VNIINS ( ВНИИНС) [ ein Institut des Ministeriums für Radioelektronische Industrie der RF] in Software- Systempaket entwickelt: : das Betriebssystem "ОС МСВС 3.0" und das Datenbanksystem “Линтер-ВС”. Die russische Firma "Joy Company" , gegründet 1992 , liefert Computer und Software für die Projekttierung und Visualisierung komplizierter Objekte im Echtzeitbetrieb. Sie nutzt die Software "VEGA" und "AudioWorks" der Firma Paradigm Simulation und Alias/Wavefront der Firma Alias, d.h.von Abteilungen von Silicon Graphics. Diese Software wird eingesetzt im "Tulamasch- Werk", im Werk "Ischmasch" , bei "KAMAS" (КАМАЗ) , im "GAS" ( Gorkij-Autowerk; "ГАЗ") zur Entwicklung von militärischen Erzeugnissen [10]. Im Zusammenhang mit der Ausführung ( Gewährleistung) von Verteidigungsaufgaben in Russland ist zu beachten, dass das Pentagon im Jahre 2001 der US-Regierung die Empfehlung gab, die bestehenden Einschränkungen des Exportes von Supercomputern aufzuheben und diese durch Einschränkungen beim Export von Software zu ersetzen. Im Zusammenhang mit dem Austritt der USA aus dem Vertrag über Raketenabwehrsysteme im Jahre 1972 und unter Beachtung der Verlängerung des Vertrages mit der Firma Boeing zur Schaffung eines nationalen Raketenabwehrsystems der USA bis 2008 hat der Oberkommandierende der Luftstreitkräfte der RF A. Kornukow ( A. Корнуков ) den Standpunkt dargelegt, das Potential der russischen strategischen Fernbomber zu erhöhen und eine neue Generation von Führungsmitteln im Rahmen eines einheitlichen automatisierten Führungssystems der Luftstreitkräfte der RF. Es ist auch zu erwähnen, dass der Einsatz von universellen Rechnern ein entscheidender Faktor der erfolgreichen Schaffung solcher Militär- Raketen in den 90er Jahren war, wie :
Es ist bekannt, dass die technische Politik des VM der USA im Bereich der Architektur der eingesetzten Rechentechnik 2001 in Form des "JTA 4.0." (Joint Technical Architecture) fixiert wurde. Das ist eine Erweiterung eines Komplexes von Standards für die Mittel der Informations- Infrastruktur (DII COE) . Diese Erfahrungen sollten zweckmäßigerweise auch im VM der RF genutzt werden. Am 09. September 2000 bestätigte der Präsident der RF V. V. Putin die "Doktrin der Informationssicherheit der RF" [11]. Dieses Dokument ist zur Formulierung der staatlichen Politik auf dem Gebiet der Gewährleistung der Informationssicherheit der Russischen Föderation bestimmt. Gem. Punkt 3 dieser Doktrin sind als externe Quellen für Gefahren der Informationssicherheit anzusehen : “die Entwicklung von Konzeptionen eines Informations- Krieges durch eine Reihe von Ländern , die die Schaffung von Mitteln zur gefährlichen Einflussnahme auf die Informations- Sphäre anderer Staaten durch Störung der normalen Funktionsweise von Informations- und Telekommunikationssystemen, auf Informationsressourcen [Datenbeständen und Datensystemen] und zum unerlaubten Zugriff auf sie vorsehen". Leider umgeht die Doktrin in der beschlossenen Form mit Bedacht die Probleme , die vom Staat ernsthafte Aktionen und Lösungen erfordern, z.B. die Schaffung von Diensten und die Entwicklung von Mitteln zur Gegenwirkung auf Informations- Waffen, zu denen auch psychotrope und gentechnische Waffen zu zählen wären. Es ist möglich, dass derartige Fragen der Gegenstand nachfolgender Programme der Regierung der RF sein werden |
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Schlußbemerkungen [ Dr. G. Jungnickel ]
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Quellen/Literatur
Der Artikel wurde [im Original] am 27.07.2002 veröffentlicht
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