Der Industriestaat DDR hatte, am internationalen Vergleich
der sozialistischen Staaten gemessen, pro Kopf noch Anfang
der 80-er Jahre die größte Dichte an modernen
Technologiefeldern. Und es bestand ...ein gravierender
Versorgungsmangel bei neuen Ausrüstungen, Materialien und
Bauelementen für ihre Weiterentwicklung .
Die Embargo- Politik von USA und NATO, sowie der enorme
Devisenmangel als Ausdruck der Isolation am Weltmarkt und
der geringen Leistungsfähigkeit der Wirtschaft einerseits,
und andererseits die fehlende Möglichkeit, in
Ostblockländern das zu kaufen, was hohen Anforderungen
entsprach und für eine schnelle dynamische Weiterentwicklung
zwingend war, waren der Grund für einen unausweichlich immer
stärker anwachsenden technischen Rückstand. Die fehlende
internationale Kooperation konnte durch noch so
hochgesteckte Ziele der Führung des Staates nicht weggeredet
werden, ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, der sich
entwickelnden globalen Wirtschaft etwas substantiell
Hochwertiges entgegenzusetzen.
Eine analoge Mangelsituation bestand in der UdSSR und
anderen Ländern des ESER, der Bedarf war höher als das
Aufkommen und die Finanzierungsmittel und im RGW
bilanzierten Transferrubel. Der isolierte sozialistische
Wirtschaftsraum befand sich durch diese "negative
Rückkopplung" in einer Abwärtsspirale.
In dieser Lage entstanden in der DDR verschiedene
pseudomoderne technokratische Konzepte, wie CAD/CAM oder
CIM. Milliarden Schulden wurden aufgenommen, um Importe aus
der BRD und anderen entwickelten Staaten zu finanzieren.
Darunter waren auch echtzeitorientierte moderne CAD-Rechner
+ Software. Auf dem Gebiet der RT wurde die 32-Bit-
Rechentechnik (32-Bit VAX / Linie) politisch zu einem
Wundermittel stilisiert, das unbedingt im Eigenaufkommen der
DDR entwickelt und "produziert" werden musste. Führende
Leiter bestimmter Wirtschaftszweige nutzten die Forderung
nach derartiger fehlender Spitzen- Technik oftmals als Alibi
unbefriedigender Arbeitsstände und stellten hypothetische
Konzepte vom Typ "Was wäre, wenn.. " auf.
Die Leitung des Kombinat ROBOTRON war diesem Zwang ebenso
ausgesetzt, wie z.B. das Kombinat Mikroelektronik u.a.
wichtige Kooperationspartner der ESER- Rechentechnik.
Eindeutige Analysen der ESER- Fachleute und ihrer Partner
zur Unmöglichkeit, ESER und 32-Bit (K184X) im Rahmen
Robotron und im Rahmen der Zulieferindustrie als zwei
parallele Linien zu bilanzieren, was nicht nur die
Architekturen, sondern den gesamten technologisch-
konstruktiven Inhalt und dessen Entwicklungsphilosophie
betraf, wurden ignoriert bzw. durch "Ideologie" unterbunden.
Im Politbüro der SED gab es aber keineswegs einhellige
Meinungen zum Gewicht der ESER- Technik. Eine
interessante Quelle (Artikel)
bestätigt uns das, im Rückblick auf 25 Jahre DDR-
Geschichte. Besonders die Exportrentabilität der ESER-
Technik und ihr Volumen fanden auf höchster Ebene durchaus
hohe Wertschätzung. Um so erstaunlicher allerdings, dass in
der Kombinatsleitung Robotron keinerlei Anstrengungen
spürbar waren, ESER mit hoher Priorität für die Pläne nach
1990 [ESER IV mit CMOS Gate Arays U53XX ]
weiterzuentwickeln. Man war offenbar zu feige und es fehlte
eine strategische Systempolitik des Ministeriums.
Aber auch auf dem Gebiet der Arbeitsplatz- Computer wurde
nicht sorgfältig geprüft und koordiniert, welche Architektur
und Basis- Konstruktion für die Versorgung der DDR und als
Export- Schlager geeignet wäre. Anders ist wohl nicht zu
verstehen, warum bei 16 Bit- Personalcomputern der Linie
A71xx Lösungen gewählt wurden , die sich von der
international "state of the art" PC- Linie konstruktiv und
logisch unterschieden und zwangsweise zu Doppelarbeit ,
Mehraufwand und letztlich bei eng begrenzter
Entwicklerkapazität zu Tempoverlust führte.
Zu den "Host"- Architekturen erläuterten Verantwortliche des
Fachgebietes E2 schon 1987 an verschiedenen "zentralen"
Stellen und in klaren Dokumenten diese o.g. Fakten. Ein
Auszug aus der>>
Realisierungskonzeption für ESER Reihe 4
(.doc; 2,5 MByte , ... .doc) aus dem Jahre 1987 und ein
Grundsatz- Papier an das MEE>>
Grundfragen der RT_CK
sind noch erhalten.
Unsere Argumente zugunsten der hohen und noch längere Zeit
stabilen Export-Rentabilität der ESER- Technik in die UdSSR
(es war genau bekannt, dass in der UdSSR der gleiche
Technologie- Rückstand bestand) und zur hohen Einsatzdichte
der ESER-Anwendungen in wichtigen DDR- Kombinaten,
Staatsorganen, Handel und Verkehr, Forschung und Entwicklung
usw. waren für Dresden und Berlin ideologisch unpassend !
Natürlich war in dieser Phase auf Lieferungen guter 32- Bit
Rechner aus der UdSSR kaum mehr wirklich zu hoffen. Und
natürlich musste in dieser Phase auch der Bedarf an dieser
Technik objektiv gedeckt werden, aber war der Import
fertiger Maschinen nicht wirtschaftlich sinnvoller, zumal
eine "prototyp- nahe" Eigenentwicklung großer 32-bit-Rechner
ohne echte Ablösekonzeption der LSI-
Spezial-Schaltkreisbasis bleiben musste , wie sie z.B. bei
Intel-286 /386 basierten Architekturen real war.
Es bestand keinerlei wirtschaftliche oder systemtechnische
Notwendigkeit, dass sich unter den bekannten
wirtschaftlichen Fakten die Leitung des Kombinates Robotron
und das Ministerium EE ab ca. 1886 von der
Perspektive der ESER- EDVA distanzierte, denn es war für
jeden Fachmann klar absehbar, dass die 32-Bit-VAX-Linie mit
Modellen größerer Leistung wenige Zeit später die gleichen
technologischen Hürden zu überwinden hat, wie die ESER-
Linie, sofern eine eigene SK- Basis zum Einsatz käme. Eine
Adaptions- Entwicklung der Art K18xx war nicht fähig, die
Eigendynamik der Entwicklung der CMOS-Technologie der DDR,
speziell der Gate Array-Technologie für logische Entwürfe zu
nutzen.
Die ESER- Entwicklungsmannschaft in Karl- Marx- Stadt machte
in dieser Situation die Entwicklung der ESER- Personal-
Computer-Linie EC 1834 und 1835 in verstärktem Umfang zu
einem Mittel, das Entwicklungs- Potential "nützlich zu
parken" und damit quasi eine zweite Produklinie zu
entwickeln, die perspektivisch mit ihrem hohen
Leistungspotential und mit dem Charakter einer Groß-
Produktion sehr bedeutsam wurde. Unsere IBM- kompatiblen PC
begannen in der DDR einen Triumph- Zug und waren in der
UdSSR sehr begehrt. Sie gaben der ESER- Linie auch die(!)
Chance, eigene CMOS- Gate- Array- SK aus Dresden zu einer
neuen Bauelementebasis des ESER reifen zu lassen>>
ESER-DDR Umfeld Systementwurf Technologie.htm)
. Die Umstände dafür waren günstig , denn in der DDR-
Industrie war das SK- Sortiment des EC 1835 - nach dem
damals vorhanden DDR- Blick "auf die Welt" weitgehend
gesichert >>
Koordinierungsvereinbarung zum U5300 (Auszug)
. Mehr dazu auch im Abschnitt
"Vorlaufarbeiten".
Zum EC 1835 und des darin verbauten ersten Gate- Arrays
U5301FC003 siehe auch den
Artikel "EC1835"
in Wikipedia.
Und noch folgende Fakten:
-
1989/1990 wurden noch ca. 150 Stück EC 1057 gebaut und
viele traditionell exportiert.
-
Auch etwa 8.000 Stück ESER- PC EC
1834/EC 1834M wurden noch bis ca. Ende 1991(!) aus
Sömmerda und Chemnitz in die UdSSR geliefert, anteilig
mit importierten Baugruppen..
-
Das neue 32-Bit TOP- Modell K184X war unter DDR-
Bedingungen (wegen der fehlenden eigenen Schaltkreis-
Basis u.a.) praktisch nicht produktionsreif.
Beide Architektur- Linien verloren in der DDR ab 18.03.1990
abrupt ihre Bedeutung! Die nachfolgende fragwürdige
Umstellung des transferablen Rubel (TRbl) auf 2,34 DM (am
01.07.1990) beschleunigte diesen Prozess enorm, beim
traditionellen UdSSR- Partner gab es keine harte Valuta -nur
nach Restbestände an TRbl. !
Längerfristig betrachtet war die Hochtechnologie
Rechentechnik als großer Produktionsfaktor aber auch ohne
derartige Fehleinschätzungen in alten oder neuen Strukturen
nicht konkurrenzfähig. Selbst zwei Große der Branche
orientierten in perspektivischer Vorausschau Anfang der
90-er auf den Auslauf der Fertigungen in Deutschland (IBM)
bzw. waren wirtschaftlich gehalten, ihre Mainframe-
Produktion in Deutschland 1994 einzustellen (Siemens). Bei
PC- Fertigungen ringt 2007 der letzte große europäische
Fertigungsbetrieb um schwarze Zahlen, die mit dem
Branchendurchschnitt vergleichbar wären.