Persönlicher Kommentar zur RBB
-Doku "Schwarze Geschäfte"
Am 2. Dezember 2018, 22.50 Uhr wurde im rbb –Fernsehen die
Dokumentation
„Schwarze Geschäfte – Honeckers
Technologieschmuggler“ gesendet und ist in der Mediathek
abrufbar.
Mein "Persönlicher Kommentar" hat das Ziel, für den Zuschauer zu den auf das ESER bezogenen Teilen
korrekte
Zusatzinformationen
zu vermitteln, da meine
Vorschläge
(gem. Link) an das TV- Team leider nur sehr
eingeschränkt Beachtung fanden.
In der TV-Dokumentation konnten viele sachlich
korrekte historische Zusammenhänge der Tätigkeit des DDR-
Außenhandels und anderer Organe der DDR bei der
Unterstützung (vor
allem) der Industrie mit Dokumentationen und Erzeugnissen
dargestellt werden, die zu sehr unterschiedlichen Projekten,
verschiedenen Zeitabschnitten unter Umgehung des Embargos
beschafft wurden.
Der
COCOM-Hintergrund
des Embargos wird im TV- Beitrag leider im Kontext
einer selbverständlichen "Rechtmäßigkeit" dieser USA-
diktierten Handels-
und Lieferbeschränkungen dargestellt. COCOM verletzte eindeutig
das Recht auf freien Handel im
Weltmassstab, war Teil eines Technologie- Krieges des
Westens und war Element der Rolle der USA als Weltpolizist. Die
aktuelle Einsicht des amtierenden US- Präsidenten, diese Politik
aufzugeben, ist letztlich auch die Einsicht, dass Restriktionen
wenig wirksam sind.
Während
die Mehrzahl der Interview-Beiträge von unmittelbar an den
Beschaffungs-Maßnahmen Beteiligten
gegeben wurden, konnte der Beitrag zur DDR-Informatik- und
Datenverarbeitung (Mainframe- Bereich) von einem
Verantwortlichen eines unmittelbaren Entwicklungs-Bereiches erfolgen. Die ESER- Mainframe-
Erzeugnislinie konnte aus diesen
Maßnahmen im Verlaufe von über 20 Jahren großen Nutzen
ableiten. Darin
unterscheidet sich dieser Teil der Doku u.E. wesentlich.
In der Absicht, eine breite
aktuelle medienwirksame Darstellung der bedeutenden Leistungen der
DDR-Industrie auf dem IT-Gebiet zu erreichen, verfolgte der Autor dieses
Artikels durch 2 Interviews
und Material- Zuarbeit an das Autorenkollektiv der Doku das Ziel,
die Erfolgsstory der DDR- Industrie und das
Gewicht der engen
Kooperation mit der UdSSR darzustellen, aber auch zu zeigen, dass gerade unsere
Hardware-
Technologie eine
technologisch komplette Eigenentwicklung war, die auf
Bauelementen und Technologie des RGW basierte.
Damit sollten die Kernaussagen der WWW -Seite
"eser-ddr.de"
auch 2019 einem
breiteren Fernsehpublikum nahegebracht werden- obwohl oder
gerade weil dessen Start im Jahre 1969 ein halbes Jahrhundert
zurückliegt. .
Nach der Ausstrahlung schrieb ich (05.12.2018) unter
anderem an die Autoren der Doku:
Ihr Film hat ..bei
vielen meiner Gesprächspartner Zustimmung und Lob
erhalten. Das möchte ich Ihnen als Dank sagen.
Dennoch hatte ich gehofft, mit
Zahlen und Fakten
die bedeutenden Leistungen der DDR-Industrie auf dem Gebiet der
Informatik- und Datenverarbeitung
deutlicher
zu zeigen,
darunter,
dass wir eine hohe Effektivität
aus der Zusammenarbeit mit der HVA/SWT (!) erreicht haben, die über
20 Jahre stabil verlief .
Im Vorfeld war mir nicht bekannt, dass die geplante Doku unter der
Thematik
"Aufarbeitung der DDR-Geschichte" mit dem
Untertitel "Honeckers Technologieschmuggler
" erfolgen wird und letztlich einer Endredaktion unterliegen würde,
die viele Zusammenhänge ausblenden oder in einem
einseitigen Kontext darstellen würde . Seitens der Interview-
Teilnehmer war auch kein Einfluss auf inhaltliche Darstellungen und
Zusammenhänge möglich . Auch technisch
-inhaltliche "Ungenauigkeiten" oder fehlerhafte
Funktionsbezeichnungen wären dadurch zu vermeiden gewesen.
Aber eine objektive , allseitige Darstellung der
Thematik hätte heute
wohl wenig offizielle Unterstützung im TV gefunden, wenn der breiten
Zuschauerzahl (zu) deutlich geworden wäre, dass die DDR-
Geschichte viele Facetten hatte, die in der aktuellen
ideologischen Konfrontation "unpassend" sind.
1.Rolle des Bereiches
"Kommerzielle Koordinierung (KoKo)" für die ESER- Unterstützung
Bezüglich der Darstellung des
Interview-Teiles zum ESER muss die in der Doku erfolgte
Einordnung in den Tätigkeitskreis von Schalck-Golodkowski eher
als Element einer "geschickten , aber irreführende Verpackung"
der Thematik betrachtet werden.
In einem sehr
aufschlußreichen Interview mit Klaus Blessing
kann man zum wahren
Charakter der KoKo und seines Chefts lesen : "Honecker
hörte wirtschaftlich nur auf Mittag ..Schalck-Golodkowski
unterstand Günter Mittag... [ mit der KoKo ] entwickelte
sich also eine Doppelwirtschaft, die nicht nur unschön, sondern
insofern auch ökonomisch gefährlich war, als das Spiel dann so
weit getrieben wurde, dass das Imperium Schalck-Golodkowski die
eigene Staatswirtschaft der DDR ausplünderte. Sie haben dann
nicht nur Waren aus der Wirtschaft rausgezogen, sondern auch
Devisenbestände und Kredite ausgereicht, die doppelt so hoch wie
auf dem Weltmarkt verzinst waren. Das Imperium
Schalck-Golodkowski zog also einen Großteil der Devisen und
anderer Gewinne aus der DDR-Wirtschaft.
Aber dieses Imperium hatte sich dann so
weit aufgebläht, sowohl was die ökonomische Macht ..., als auch
was die persönliche Machtfülle angeht, denn dieses Imperium war
nicht kontrollierbar. Es sollte auch nicht kontrolliert werden.
Keine Finanzrevision, niemand hatte dort Zugang."
Das Buch des o.g. Autors "Wer verkaufte
die DDR" gibt dazu weitere wesentliche Informationen und erklärt
weitere Aspekte des katastrophalen Einflusses von Herrn
Mittag auf die Entwicklung der DDR- Wirtschaft. Und man findet
dort auch überzeugende Fakten gegen die These vom Bankrott der
DDR , die auch vom Abschluss-Bericht der Bundesbank (1999)
untermauert wurden.
In meinem Teil des TV- Interview wird von einer
Zusammenarbeit mit den "Diensten der HVA (Hauptverwaltung
Aufklärung des MfS)" gesprochen. Wir wissen aus der
Biografie
des langjährigen Chefs der HVA Markus Wolf, dass die
Tätigkeit der Technischen Aufklärung der HVA/
Sektor Wissenschaft und Technik (SWT)
lange vor der Einrichtung des Bereiches
"Kommerzielle Koordinierung" begann, bereits vor Beginn der
Produktion der EDVA "R300"
ab 1965. (siehe dazu Auszüge aus
"Die Unterstützung der elektronischen
Industrie" )
.
Während der gesamten Zeit der
Unterstützung der ESER- Arbeiten durch die HVA/SWT bis 1989
war
diese Unterstützung
wirksam. Eine Mitwirkung des Bereiches
KoKo wird in bekannten Veröffentlichungen nicht erwähnt und
ist auch nicht bekannt.
Diese Anmerkung erfolgt,
weil
- in der Doku die wichtige Rolle der
Mitarbeiter der HVA/SWT für den Zuschauer unter "falscher Flagge "
dargestellt bzw. nicht erkennbar ist.
- im Gegensatz zu den
verschwenderischen KoKo-Praktiken durch die HVA/SWT stets sehr
verantwortungsvoll mit Valutamitteln verfahren wurde.
- in der Medienwelt der BRD der
Bereich "KoKo" massiv negativ besetzt
ist und dieser "Schatten" über dem gesamten Film liegt.
2.
Zum Gewicht der engen Kooperation
mit der UdSSR

Die
grundsätzliche Bedeutung der ESER- Arbeiten für die Existenz
dieser Erfolgsstory und deren ökonischem Gewicht wird ohne eine Darstellung der engen Kooperation mit der UdSSR für
den Zuschauer nicht deutlich.
Die kurze Erwähnung der ESER-Mainframes der DDR als "Marktführer
im RGW" und kurze Szenen mit der ersten Internationalen ESER-
Ausstellung 1975 in Moskau (Bild) gibt lediglich ein Andeutung dieser
Thematik.
Der interessierter Leser wird diese Thematik umfassend auf
verschiedenen Seiten dieser Seite "eser-ddr.de"
finden , beginnend mit dem Überblick , der Betrachtung der
wirtschaftlichen Bedeutung des umfassenden
Handels mit der UdSSR bis hin zu der
umfangreichen
wissenschatlich- technischen Kooperation
mit der UdSSR.
Die umfangreiche Serienproduktion der ESER- EDVA von Robotron (>
1500 Anlagen ) und deren Anwendung brachten wirtschaftlichen
Nutzen in Milliardenhöhe!
Die großen Zusammenhänge der Industriepolitik der DDR sind in
sehr aussagefähigen Dokumenten - aus der Sicht der
Entscheidungsprozesse im Politbüro der SED des Jahres 1988-
nachzulesen . Neben Aussagen zur Mikroelektronik- Politik
findet man dort auch wichtige Daten zum großen Gewicht der ESER-
Technik für die DDR Wirtschaft :
-
Die „Schürer/Mittag-Kontroverse" im SED-Politbüro, 4. Mai 1988
, sowie -
Analysen
der DDR- Führung 1988 zur Strategie der Wirtschaftspolitik
(Auszügen zum PB- Material mit Kommentaren )
Der sogenannte
"Technologie- Schmuggel" stellte im Falle des ESER (und auch wichtiger
anderer Bereiche, wie der Mikroelektronik ) für die
Volkswirtschaft der DDR und der UdSSR
eine Reaktion auf "COCOM" im Kalten Krieg
dar.
3. "Technologie- Schmuggel" oder
Eigen- Technologie ?
Für einen Zuschauer der TV- Doku ist es naheliegend,
unter dem Begriff des "Technologie- Schmuggels" die illegale
Beschaffung von technologischen Ausrüstungen und Verfahren und
deren weitgehende 1:1 Nutzung in der DDR zu vermuten. Eine
derartige negative Wertung des Schmuggel- Begriffes geht
komplett an den Fakten vorbei!
Es ist wichtig, dass der gesamte "Logische und Technische
Entwurf" der EDVA- Anlagen, deren Konstruktion und
Fertigungsausrüstungen auf Basis von Eigenentwicklungen der DDR
oder des RGW erfolgen musste. In jeder Phase
der Fertigung und Anwendung war die vollständige Beherrschung
aller Prozesse als Eigenentwicklung eine grundsätzliche
Bedingung. (Mit diesem Status
unterschied sich die ESER- Linie wahrscheinlich von
verschiedenen anderen in der TV- Doku gezeigten Objekten ).
Daher war die Entwicklung und technologische Sicherung
der Produktion ein extrem aufwendiger Prozess, der auch alle
wichtigen Zulieferungen (Bauelemente,
Leiterplatten usw. ) betraf.
Zur
"öffentlichen Aufklärung"
dieses Feldes der latenten
Diffamierung der Eigen- Leistungen der Software- und System-
Entwickler, Konstrukteure und Technologen sind im Artikel
"Arbeit
mit Prototyp-Unterlagen"
Details zu Informationen und Zusammenhänge dargestellt . Neben der Notwendigkeit, Valuta- Importe ökonomisch zu
vermeiden, war es Grundbedingung für einen stabilen UdSR-
Export, dass keinerlei Abhängigkeit von Lieferungen aus
dem sog. "NSW" für den Produktionsbedarf bestand, eine
strategische Forderung für die UdSSR (siehe dazu Details bei
"Systementwurf und Techologie" ) .
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